Was ist dran an der Homöopathie?

Der «Tages-Anzei­ger» beschwor vor kurzem in ­einem Bericht das Ende der Homöo­pa­thie. Doch viele Leute wenden Globuli mit Erfolg an – auch wenn deren Nutzen nicht belegt ist.

Die Alter­na­ti­ve zur Schulmedizin

Wenn Salome Sonder­eg­ger erkäl­tet ist, greift sie zu ihrer homöo­pa­thi­schen Hausapo­the­ke. Mit den Kügel­chen macht die Pflege­fach­frau aus Basel seit Jahren gute Erfah­run­gen. Die Mittel wählt sie nach Gefühl und Sympto­men aus oder fragt befreun­de­te Homöo­pa­then um Rat. Sie nimmt die Globuli auch bei Beschwer­den wegen ihrer Autoimmun­krankheit Morbus Bechte­rew. Bei schmerz­haf­ten Schüben würden ihr die Globuli Argento und Arnica helfen, sagt die 44-Jährige.

Eveline Rothacher aus Meirin­gen BE setzt auch auf Homöo­pathie. Ihre fast zweijäh­ri­ge Tochter ist oft erkäl­tet. Bei Schnup­fen helfe dann das Mittel Pulsa­til­la. Es besteht aus Extrak­ten aus der Blume Wiesen­kü­chen­schel­le. Drosera enthält Ex­trakte aus Sonnen­tau. «Meine Tochter nimmt diese Mittel ohne Proble­me. «Bei anderen Medika­men­ten sträubt sie sich», erzählt die Mutter. Sie könne so «schul­me­di­zi­ni­sche Mittel einsparen».

Globuli sind günstig und ohne Nebenwirkungen

Viele Leute machen mit Kügel­chen ähnli­che Erfah­run­gen wie Salome Sonder­eg­ger und Eveline Roth­acher. Homöo­pa­thi­sche Mittel sind in der Schweiz beliebt. Laut Angaben des Branchen­ver­bands Inter­phar­ma haben Apothe­ken und Droge­rien im letzten Jahr insge­samt 1,8 Millio­nen Packun­gen mit homöo­pa­thi­schen Mitteln verkauft. Der Gesund­heits­tipp bietet seinen Leserin­nen und Lesern eine Reihe von kosten­lo­sen Merkblät­tern zur Homöo­pa­thie bei Erkäl­tung, Depres­si­on oder Heuschnup­fen an (siehe Hinweis).

Homöo­pa­thi­sche Mittel haben verschie­de­ne Vortei­le. So sind sie günstig: Einzel­mit­tel kosten nur ein paar Franken. Zudem kann man sich damit selber unkom­pli­ziert zu Hause behan­deln. Die Kügel­chen bekommt man ohne Rezept. Das ist bequem für die Pati­enten und spart Arztkosten.

Ein weite­rer Vorteil: Homöo­pa­thi­sche Mittel haben keine Neben­wir­kun­gen. Nützen sie nicht, so schaden sie auch nicht. Das ist bei Mitteln der Schul­me­di­zin häufig ganz anders. Beispiel: Husten­mit­tel machen oft müde und manch­mal sogar abhän­gig. Das gilt beson­ders für Mittel, die den Husten unter­drü­cken, zum Beispiel Codicalm oder Makatussin.

Homöo­pa­thi­sche Mittel hinge­gen aktivie­ren die Selbstheilungs­kräfte. Fachleu­te sprechen vom Place­bo­ef­fekt. Trotz­dem steht die Homöo­pa­thie oft in der Kritik, da der Nutzen der Kügel­chen nicht bewie­sen sei. So schrieb kürzlich der «Tages-Anzei­ger»: «Bis heute fehlen wissen­schaft­li­che Studien, die die Wirksam­keit von Homöo­pa­thie über Place­bo­ef­fek­te hinaus belegen.» Dazu sagt Gesund­heits­­­t­ipp-Arzt Thomas Walser: «Das ist eher ein Lob als eine Kritik.» Der Mensch heile sich vor allem mit eigener Lebens­kraft. Homöo­pa­thie bringe das zum Vorschein.

Place­bo­ef­fekt gibts bei jedem Medikament

Place­bo­ef­fek­te gelten heute nicht mehr als Einbil­dung: Die neuere Forschung zeigt, dass die Schein­mit­tel messba­re Verän­de­run­gen im Hirn auslö­sen – wie das auch bei Medika­men­ten der Schul­me­di­zin geschieht. So löste ein US-Forscher bei Studi­en­teil­neh­mern Schmer­zen aus. Dann gab er ihnen eine Spritze, die angeb­lich die Schmer­zen linder­te. Tatsäch­lich enthielt sie aber keinen Wirkstoff. Beim Unter­such in der Röhre sah er: In bestimm­ten Regio­nen des Gehirns waren Berei­che aktiviert worden, die Schmer­zen abwehren.

Hinzu kommt: Auch die klassi­sche Medizin arbei­tet mit dem Place­bo­ef­fekt. So zeigen viele Studien, dass er bei allen Medika­men­ten einen grossen Einfluss hat. Bei Opera­tio­nen spielt der Place­bo­ef­fekt ebenfalls eine Rolle: Kniepa­ti­en­ten etwa fühlten sich in einer Studie besser, nachdem der Chirurg ledig­lich die Haut aufge­schnit­ten und wieder zugenäht hatte. Auch bei Schmerz­mit­teln und Antide­pres­si­va ist der  Place­bo­ef­fekt nachgewiesen.

Gisela Etter Kalbe­rer, Präsi­den­tin des Vereins homöo­pa­thi­scher Ärztin­nen und Ärzte, sagt gegen­über dem Gesund­heits­tipp, verschie­de­ne quali­ta­tiv hochwer­ti­ge Studien würden die zuver­läs­si­ge Wirkung der Homöo­pa­thie belegen. Gebro Pharma hält fest, Patien­ten würden Makatus­sin-Tropfen in Apothe­ken nur nach einer Beratung von Fachper­so­nen erhalten.

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Gesund­heits­tipp März 2023